Rupprecht Geiger wird am 26. Januar 1908 als einziges Kind des Malers und Grafikers Willi Geiger und seiner Frau, der Bildhauerin Clara geb. Weiß, in München geboren.
1923 bis 1925 lebt er mit seinen Eltern in Madrid. Sie reisen u. a. nach Granada, Sevilla, Marokko und für drei Monate auf die Kanarischen Inseln. Nach der Rückkehr nach München beginnt Geiger 1926 ein Architekturstudium an der Kunstgewerbeschule bei dem Neoklassizisten Eduard Pfeiffer, der eine strenge architektonische Formensprache lehrt. Nach Pfeiffers plötzlichem Tod absolviert Geiger eine Lehre als Maurer und schließt dann an der Staatsbauschule München eine Ausbildung zu Bautechnik und Statik ab.
Ab 1936 arbeitet er als Architekt, u. a. für den Münchner Architekten Oswald Eduard Bieber. 1937 heiratet er die Architekturstudentin Monika Bieber. 1938 wird ihr gemeinsamer Sohn Lenz geboren, 1940 folgt Florian. Kurz darauf wird Geiger zum Kriegsdienst eingezogen. Während seiner Stationierung in Wjasma bei Moskau beginnt sein „autodidaktisches Studium der Malerei“ und erste Gemälde entstehen.
Nach dem Krieg ist seine Auftragslage als Architekt in München schwierig, und er widmet sich der Entwicklung seiner Malerei. Er nimmt an einer der ersten Nachkriegs-Ausstellungen in Prien am Chiemsee teil sowie 1947 in der Gruppenausstellung Extreme Malerei im Schaezlerpalais in Augsburg.
Von 1949 bis 1962 arbeitet er mit seiner Frau Monika als freier Architekt, beschäftigt sich jedoch nebenbei weiterhin intensiv mit Malerei. Gemeinsam mit Willi Baumeister, Rolf Cavael, Gerhard Fietz, Willi Hempel, Brigitte Meier-Denninghoff und Fritz Winter gründet er 1949 die Gruppe ZEN 49, welche bis 1957 besteht. Die erste ZEN 49-Ausstellung findet 1950 im Central Art Collecting Point in München statt. Als ersten öffentlichen Auftrag im Bereich Kunst am Bau gestaltet er 1951 die Fassade über dem Haupteingang des Münchner Hauptbahnhofs.
1952 entdeckt er die Serigrafie als „sein“ Druckverfahren und setzt zum ersten Mal Tagesleuchtfarbpigmente ein. Im Jahr darauf hat er seine erste Einzelausstellung in der Moderne Galerie Otto Stangl in München. 1954 zieht er mit seiner Familie nach Solln.
Nach seiner bis Mitte der 1950er-Jahre andauernden Arbeit mit Eitempera malt Geiger bis Mitte der 1960er-Jahre vorwiegend in Öl. Seine Arbeiten werden nun auch im Ausland, u. a. in den USA, gezeigt. Um 1960 entstehen erste, in sich modulierte Farbfelder. 1964 ist er Teilnehmer der 3. Documenta in Kassel.
1965 wird er Professor für Malerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Er beginnt für zwei Jahrzehnte mit der Luftdruckspritzpistole zu arbeiten, wobei er ausschließlich Tagesleuchtfarbpigmente und Acryl als Bindemittel verwendet. In dieser Zeit deklariert er die „Farbe als geistiges Licht“. Bis zum Ende seiner Lehrtätigkeit 1976 beschränkt er sein Formenvokabular auf Rechteck, Kreis und Oval, um von der reinen Farbe nicht abzulenken.
1968 nimmt er an der 4. documenta teil. 1970 wird Geiger Mitglied der Berliner Akademie der Künste. 1971 entsteht das Werk Gerundetes Rot in der Apsis von St. Ludwig in Ibbenbüren.
1972 wird das von Monika Geiger erstellte Werkverzeichnis Druckgraphik 1948–1972 veröffentlicht. Vor dem Gebäude der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft in München wird die Skulptur Konkav gerundet errichtet.
Anlässlich der Einzelausstellung Element Rot 1975 im Museum Folkwang Essen konzipiert er den Farbraum Unisono Rot. 1976 nimmt er an der 6. documenta teil.1978 folgt eine erste Retrospektive in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München. Im Jahr darauf wird er zum Ehrenmitglied der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf ernannt. An der Internationalen Sommerakademie in Salzburg erhält Geiger 1981 eine Professur für abstrakte Malerei. 1983 wird er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München.
»Wer Rupprecht Geiger kennt, der wird ihm sein Alter nicht glauben. Sein Werk ist strahlend, wie am ersten Tag, und sein jungenhaftes Wesen und die immer noch kindlich strahlende Augen verraten, dass hier jemand ist, der sich von der Welt nicht hat beschädigen lassen. Vielleicht liegt darin die unversehrte Kraft dieses Mannes und dieses Werkes darin, dass sie sich nie angepasst hat...«
Dieter Honisch, 1975 bis 1997 Direktor der Neuen Nationalgalerie Berlin (1983)
Ab Mitte der 1980er-Jahre entwickelt Geiger eine neue Werkgruppe, formal-abstrakte Holzobjekte, die Metapherzahlen 0–9. Für seine Retrospektiven in Berlin, Ludwigshafen und Düsseldorf realisiert Geiger 1985 gemeinsam mit seinem Sohn Florian die begehbare Rauminstallation Rote Trombe. Mit dem Auftrag für vier großformatige Aluminiumobjekte für die Technische Universität beginnt 1986 eine Anzahl von Arbeiten im öffentlichen Raum in München, und er erhält eine Einzelausstellung im Seiji Togo-Kunstmuseum in Tokio.
Vor dem Gasteig wird 1987 in einem Gemeinschaftsprojekt mit Alf Lechner Geigers Objekt Gerundetes Blau im Dialog mit Lechners Objekt Stele aufgestellt. Anlässlich des 80. Geburtstags erhält er 1988 eine Retrospektive in der Staatsgalerie Moderner Kunst im Münchner Haus der Kunst.
In Taufkirchen an der Vils wird die begehbare Plastik Meditationsraum aufgestellt. Im Hôtel des Arts in Paris findet 1992 eine Einzelausstellung statt. Im Russischen Museum in St. Petersburg eröffnet 1994 eine Retrospektive Geigers, welche auch in Deutschland gezeigt wird. Ab Mitte der 1990er-Jahre beschäftigt er sich mit Collagen und entwirft u. a. ein Mosaik für eine U-Bahn-Station in Rom.
Anlässlich seines 90. Geburtstags findet die Ausstellung Rupprecht Geiger, Rot Gelb Blau im Kunstbau des Lenbachhauses statt. 1999 konzipiert er einen Fries für einen Raum im Berliner Reichstag. In der Heiliggeistkirche in Landshut zeigt Geiger 2000 zwei monumentale, beidseitig bemalte Fahnen in Gelb und Rot: Morgen Rot Abend Rot. Geiger vertritt Deutschland 2002 auf der XXV. Bienal de São Paulo in Brasilien. Er entwirft eine aus vier großformatigen Leinwänden bestehende Rauminstallation. Mit der Entwicklung der Collagen entsteht die Werkgruppe Geist und Materie. Es erscheinen die Verzeichnisse Werkverzeichnis 1942–2002, Gemälde und Objekte, Architekturbezogene Kunst und Werkverzeichnis der Druckgrafik 1948–2007.
Anlässlich seines 100. Geburtstags finden 2008 zahlreiche Ausstellungen und Retrospektiven statt, u. a. in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, in der Neuen Nationalgalerie, Berlin, und dem Museum für Gegenwartskunst in Siegen.
Am 6. Dezember 2009 stirbt Rupprecht Geiger in München. Geigers Nachlass wird vom Geiger Archiv verwaltet, welches seinen Sitz im ehemaligen Atelier in Solln hat.
Auszeichnungen
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Domnick Preis1951
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3. Kunstpreis der 1. Internationalen Triennale für farbige Original-Graphik, Grenchen1958
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Salomon-Guggenheim-Preis, New York1959
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Burda-Kunstpreis1968
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Goldmedaille der 8. Norwegischen Internationalen Grafik-Biennale, Fredrikstad1986
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Großer Kunstpreis der Berliner Akademie der Künste1988
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Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland1988
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Kultureller Ehrenpreis der Landeshauptstadt München1989
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Rubenspreis der Stadt Siegen1992
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Kulturpreis der Bayerischen Landesstiftung1992
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Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kuns1993
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Harry Graf Kessler-Preis des Deutschen Künstlerbundes1994
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Goldene Ehrenmünze der Landeshauptstadt München1998
Ausstellungen
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1953
Moderne Galerie Otto Stangl, München
Bilder, Galerie der Spiegel, Köln
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1956
Galerie Samlaren, Stockholm
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1957
Peintures, Galerie Iris Clert, Paris
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1959
Galerie für Moderne Kunst, Hannover
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1960
Galleria La Medusa, Rom
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1964
Das graphische Werk, Stadthalle Wolfsburg, Wolfsburg
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1965
Gemälde, Kunst- und Museumsverein, Wuppertal
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1966
Ölbilder · Zeichnungen (1963 bis 1965), Städtische Galerie Haus Seel, Siegen
Gemälde und Zeichnungen (1956 bis 1966), Haus am Waldsee, Berlin
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1967
Kestner-Gesellschaft, Hannover
Malerei und Graphitzeichnung, Städtische Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf
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1975
Element Rot, Museum Folkwang, Essen
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1976
Tempera · Wachskreide · Graphit · Graphik (bis 1976), Städtische Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf
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1977
Bilder und Zeichnungen, Moderne Galerie Bottrop, Bottrop
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1978
Gemälde und Zeichnungen, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München
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1982
Druckgrafik und Zeichnungen, Städtische Kunsthalle Mannheim, Mannheim
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1985
Retrospektive, Akademie der Künste, Berlin
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen am Rhein
Städtische Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf
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1986
Seiji Togo Kunstmuseum, Tokio
Overbeck-Gesellschaft, Lübeck
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1988
Staatsgalerie Moderner Kunst im Haus der Kunst, München
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1990
Zeichnung als Licht, Saarland Museum/Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Saarbrücken
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1992
La couleur est élément: oeuvres depuis 1945, Hôtel des arts, Paris
Rot und Schwarz, Rubens-Preisträger der Stadt Siegen '92, Städtische Galerie Haus Seel, Siegen
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1994
Russisches Museum, St. Petersburg
Gemäldegalerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Dresden
Palais Preysing, Bayerische Vereinsbank, München
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1995
Farbe als Botschaft, Diözesanmuseum, Freising
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1998
Rot Gelb Blau, Kunstbau der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München
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1999
Galerie im Rathausfletz, Neuburg an der Donau
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Willi Geiger mit seinem Sohn Rupprecht, Florenz 1910
Photo: Archiv Geiger, München
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Rupprecht Geiger, München 1949
Photo: Helga Fietz, München
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Rupprecht Geiger im Atelier, München 1963
Photo: Maria Wetzel
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Rupprecht Geiger im Atelier, München 1985
Photo: G. W. Bachert, München